In vino veritas – Was denken AfD-Männer wirklich über die Zukunft der Ehe?

Jetzt in voller Länge (mit weiteren, bislang unveröffentlichten 45 Minuten) ist nun das legendäre Gespräch des Vorstands der AfD-Lichtenberg über den „Frauen- /Gendertag“ hochgeladen. Die ersten 45 Minuten unseres Diskussion waren bereits als Facebook-Video veröffentlicht. Unter dem nachfolgenden Link kann nunmehr die gesamte 90minütige Debatte verfolgt werden: Unsere Online-Veranstaltung am 08. März 2022 zum „Frauen-/Gender-Tag“ – YouTube

Das Thema „Männer und Frauen“ ist zu komplex, um es in anderthalb Stunde vollständig zu erfassen. Es ist jedoch das wichtigste Thema des Lebens, denn das „Reproduktionsproblem“ stellt sich für jeden Einzelnen sowie für die gesamte Gesellschaft.

Wir erprobten erstmals das Format einer „Talkshow“, um unseren Beitrag zur Wissensvermittlung und Meinungsbildung zu leisten. Dabei gingen wir von folgenden Fragen aus (um zu grundsätzlicheren Fragen vorzudringen):

  • Die AfD steht für eine klare biologische Zweiteilung der Geschlechter in Männer und Frauen. Warum hat die AfD so ein rein „biologistisches“ Weltbild und grenzt sie somit nicht Minderheiten wie z.B. Transsexuelle, bei denen ja biologisches und gefühltes Geschlecht nicht identisch sind, aus?
  • Es gab feministische Kampagnen im Netz mit Hashtags wie #MeToo und #aufschrei. Was ist für die AfD „Sexismus“, oder gibt es für sie so etwas gar nicht?
  • Wieso hat die AfD etwas gegen Gleichstellung, obwohl diese gesetzlich doch gefordert wird?
  • Wie sagt man in der AfD zu all denen, die eine andere sexuelle Ausrichtung haben, als heterosexuelle Männer bzw. Frauen? LGBTI oder „queer“ oder wie sonst?
  •  Was hat die AfD eigentlich gegen den Feminismus? Ist der Kampf für die Gleichberechtigung der Frau denn schon gewonnen, obwohl Frauen ja durchschnittlich immer noch weniger als Männer verdienen (gender pay gap)?
  • Bestreitet die AfD denn, dass es so etwas wie soziales Geschlecht (engl. Gender) gibt und wenn das nicht der Fall ist, was hat sie dann eigentlich gegen „Gender Mainstreaming“?
  • Muss man z.B. auf der Arbeit „gendern“, also alle Kollegen mit Kolleg:Innen anschreiben, oder gibt es Alternativen, ohne das man Menschen von der Anrede ausschließt?
  • Die AfD war gegen die Ehe für alle, die nun geltendes Recht wurde. Ist es nicht völlig egal, wer sich liebt und wer wen heiraten möchte?
  • Gibt es wirklich Menschen, die behaupten, das Männer schwanger werden können?
  • Was ist das dritte Geschlecht und warum braucht es lt. AfD dafür keine extra Toiletten?

Interessant ist, dass unsere Sendung auch von Linken gesehen wurde, die folgende Zusammenfassung (der ersten 45 Minuten) hinterließen:

„** AfD Lichtenberg-Männer machen Frauentag zum Herrentag **
Am 8. März veranstaltete die Lichtenberger AfD eine Online-Veranstaltung unter dem Motto „Frauen- oder Gendertag? Was sie immer schon mal wissen wollten…“
Auf dem rotwein-schwangeren Podium saßen ausschließlich Männer des Verbands: Heribert Eisenhardt, Falk Rodig, Andrey Gebauer und Dietmar Drewes. Diese Männerrunde debattierte über Themen wie Gleichberechtigung, Gendern, Zweigeschlechtlichkeit und allgemein über ihr Frauenbild.
Das Ergebnis war erwartbar ein antifeministisches, und doch wurden auch Differenzen deutlich.
Während der Heribert Eisenhardt und Andrey Gebauer versuchten, eine Position zu formulieren, die frühere Kämpfe der Frauen- und Homosexuellenbewegung gegen aktuelle feministische Strömungen in Stellung zu bringen – offene Transfeindlichkeit inklusive – offenbarte Falk Rodig offen seinen Frauenhass (und wurde dafür selber mehrfach von seinen Parteikollegen zurecht gewiesen).
Thema Trans:
Eisenhardt, Drewes und Gebauer sagten, es gehe ihnen um Gleichberechtigung statt um Gleichstellung. Für „Gendergaga“ und „gesonderte Toiletten für Transsexuelle“ seien die Frauen- und Schwulenbewegung – zu der sich Gebauer zugehörig fühle – „nicht auf die Straße gegangen“.
In Bezug auf die erste Transperson im Bundestag meinte Gebauer „Möchte er sich eine blonde Perücke überstülpen oder ein Kleid anziehen und dann dabei zu sein, weil er ein fünfstelliges Gehalt kriegt.“. Nachdem Gebauer die Betroffene schon mißgegendert hatte, nannte Heribert Eisenhart in der Diskussion schließlich noch genüsslich den Deadname der Betroffenen.
In Bezug auf Transmenschen nannte Eisenhardt das alte transfeindliche Klischee von den männlichen Sexualstraftätern im Frauenknast „Das Problem ist die Gendertheorie, das man sich einen Tag entscheidet ein Mann zu sein und am nächsten eine Frau. Und dann ein Straftäter sagt, er ist eine Frau, geht in den Frauenknast und macht sich da ein schönes Leben.“
Als der Rotwein wirkte war auch Gebauer für markige Sprüche zu haben: „Heute geht es nur noch darum, ob jemand drei Brüstchen und zwei Pimmelchen hat, und dafür wollen sie eine gesonderte Toilette.“
Thema Quoten:
Der Feind sei klar gesetzliche Regelungen zum Abbau der gesellschaftlichen Benachteiligung der Frauen.
„Quoten führen zur Unterdrückung des Mannes.“ meinte zum Beispiel Dietmar Drewes.
Der schlechte Zustand der Bundeswehr sei laut Eisenhardt unter anderem ein Resultat von Frauen an der Ministeriumsspitze: „Wenn man mit der dritten Verteidigungsministerin merkt, dass es nicht besser wird, sondern das Thema in den Sand gesetzt wird, wird das Thema auch durch sein.“
Thema Gendern:
Die geschlechtergerechte Anpassung der Sprache, das Gendern, ist seit jeher ein Reizthema der AfD. Kaum eines bildet so einen klaren Konsens durch alle Fraktionen der extrem rechten Partei. Auch in dieser Runde gab es da nichts zu diskutieren.
Drewes zitierte Heinz-Rudolf Kunze, der das Gendern einen „Idiotendiskurs, Neanderthal der Sprache“ genannt habe.
Rodig brachte die Position auf den Punkt: „Gendern hat das Ziel, Männer in die zweite Reihe zu stellen. (…) Der Effekt ist ja noch, dass von jedem verlangt wird, sich diesem Regime zu unterwerfen“
Was ist Sexismus:
Dass die AfDler keinen Begriff von Sexismus haben (oder höchstens eines auf Basis von Wikipedia), mussten sie natürlich exponiert am 8. März exponieren:
Falk Rodig: „Was ist Sexismus. Das ist immer schwierig. aber es hat etwas mit Sex zu tun. Es geht darum als Mann seine Sexualität auf Frauen eindeutig auszudrücken.“
Eisenhardt korrigierte ihn, indem er die Wikipedia-Definition vorlas und sie sich zu eigen machte. Er sah jedoch vor allem Sexismus gegen Männer: „Sexismus ist, wenn Männer durch Quote diskriminiert werden.“
Fast schon weinerlich wurde sich schließlich über angebliche Fälle ausgelassen, in denen Männer gekündigt wurden, nur weil sie einer Kollegin auf den Arm gefasst hätten.
„Frauen haben immer ihren Körper für Karrierevorteile eingesetzt, und sich dann im Nachhinein beschweren finde ich fragwürdig.
Heute kann man damit noch zur Brigitte gehen und kriegt noch Penunzen dafür.“ (Gebauer)
Das Podium das schon zu Beginn den nicht anwesenden Frauen zugeprostet hatte, war sich in vielen Punkten einig. Formale Gleichberechtigung sei erreicht, Quoten, Gendern, der moderne Feminismus, inklusive seiner Sichtbarmachung von Trans, sei der Feind.
Nur Falk Rodig stach immer wieder heraus, weil er zu jeder regressiven Argumentation einen noch regressiveren Turn brachte.
Wenn man Eisenhardt, Gebauer und Drewes als typische rechte Antifeministen bezeichnen kann, ist Rodig vom Mindset bereits ein klassischer Incel.
Dazu wird es in den folgenden Tagen noch eine gesonderte Betrachtung geben.“
Quelle: AfD-Watch Lichtenberg, facebook, 11. März 2022